Künstliche Allgemeine Intelligenz: Wissen, was wahr ist

Seite 2: Hashtag #noAGI auf Twitter

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Doch die Idee überzeugte nicht alle. Andrew Ng beispielsweise, ehemaliger Leiter der KI-Abteilung bei Baidu und Mitbegründer von Google Brain schreibt zu diesem Thema nur: „Lassen wir den AGI-Quatsch und widmen wir uns lieber den dringenden Problemen.“ Und Julian Togelius, ein KI-Forscher an der New York University sagt: „Der Glaube an AGI ist wie der Glaube an Magie. Es ist eine Art, das rationale Denken aufzugeben und Hoffnung auf und Angst vor etwas auszudrücken, das man nicht verstehen kann.“ Unter dem Hashtag #noAGI auf Twitter melden sich viele KI-Größen zu Wort, darunter auch Yann LeCun, der Chef-KI-Wissenschaftler von Facebook, der 2018 mit dem Turing Award ausgezeichnet wurde.

Aber mit den jüngsten Erfolgen der KI, vom Brettspiel-Champion AlphaZero bis zum überzeugenden Fake-Text-Generator GPT-3, hat sich das Interesse an AGI erhöht. „Wenn man in den frühen 2000er Jahren über AGI sprach, stand man mit den anderen Verrückten am Rand“, sagt Shane Legg, einer der Mitbegründer von Deepmind, der mit Ben Goertzel schon bei Webmind zusammengearbeitet hat. Aber die Dinge ändern sich. „Einige Leute fühlen sich damit unwohl, aber es kommt“.

AlphaGo von Deepmind hat allein gelernt, den stärksten menschlichen Go-Spieler zu schlagen. Dennoch bleibt die Intelligenz der Software allein auf spezielle Brettspiele begrenzt.

(Bild: DeepMInd / Screenshot)

Legg spricht über AGI als eine Art Universal-Werkzeug – eine Maschine, die viele verschiedene Probleme löst, ohne dass für jede zusätzliche Herausforderung eine neue entwickelt werden muss. „Das wäre ein wahr gewordener Traum.“

Traum hin, Traum her: Wie könnte so eine Künstliche Allgemeine Intelligenz in der Praxis aussehen? Sie als „menschenähnlich“ zu bezeichnen, ist gleichzeitig vage und zu spezifisch. Der Mensch ist das beste Beispiel für allgemeine Intelligenz, das wir haben, aber er ist auch hoch spezialisiert. Ein kurzer Blick auf das vielfältige Universum der tierischen Intelligenz – von der kollektiven Kognition der Ameisen über die Problemlösungsfähigkeiten von Krähen oder Kraken bis hin zu der für uns leichter erkennbaren, aber immer noch fremdartigen Intelligenz von Schimpansen – zeigt, dass es viele Möglichkeiten gibt, Intelligenz zu realisieren.

Was also ist Intelligenz? Nach der Pleite von Webmind arbeitete Legg gemeinsam mit Marcus Hutter an der Universität von Lugano in der Schweiz an einer Doktorarbeit mit dem Titel „Machine Super Intelligence“. Hutter (der jetzt auch bei DeepMind arbeitet) entwickelte eine mathematische Definition von Intelligenz, die nur durch die Gesetze der Physik begrenzt ist. Die beiden veröffentlichten eine Gleichung für das, was sie universelle Intelligenz nannten. Legg beschreibt sie als ein Maß für die Fähigkeit, Ziele in einer Vielzahl von Umgebungen zu erreichen. Bei DeepMind setzt Legg diese theoretische Arbeit in praktische Demonstrationen um. Er beginnt mit KIs, die bestimmte Ziele in bestimmten Umgebungen erreichen, von Spielen bis zur Proteinfaltung.

Doch der knifflige Teil bleibt noch offen: Die Verknüpfung mehrerer Fähigkeiten miteinander. Deep Learning ist der allgemeinste Ansatz, solche Verknüpfungen herzustellen. AlphaZero verwendete denselben Algorithmus, um Go, Shogi (ein schachähnliches Spiel aus Japan) und Schach zu lernen. Das Atari57-System von DeepMind nutzte ebenfalls Deep Learning, um jedes Atari-Videospiel zu meistern. Der Haken ist: Die KIs können immer nur eine Sache auf einmal lernen – nachdem AlphaZero Schach gemeistert hat, muss es Shogi von Grund auf neu lernen.