MIT Technology Review 2/2021
S. 100
Karriere

Was macht ein Feuerökologe?

Feuerökologen erforschen die natür­liche Rolle des Feuers in Wäldern, Buschländern sowie Savannen und schulen Forstleute und Feuerwehren.

Feuerinferno in Australien – Millionen Tiere verbrannt“, „Feuer in der sibirischen Taiga – dort wo sonst die Kälte wohnt“: Auf solche Schlagzeilen hat Johann Georg Goldammer eine zunächst skurril klingende Antwort: „Wir müssen zuweilen in Wäldern kon­trollierte Feuer legen, um sie vor wirklich zerstörerischen Bränden zu schützen“. Angesichts der weltweit 300 bis 400 Millionen Hektar, die jährlich von Feuer betroffen sind, sei es illusorisch, Feuer abstellen zu wollen, erklärt der Professor für Feuerökologie. „Wir leben auf einem wahren Feuerplaneten.“

Johann Georg Goldammer (gelbe Jacke) zeigt einem seiner Schüler den Umgang mit der Feuerkanne.
Foto: Philipp von Ditfurth

Feuerökologen sehen Feuer als natürlichen Partner des Menschen. Der habe allerdings vielerorts verlernt, das Feuer sinnvoll zu nutzen, meint der Inhaber des europaweit einzigen Lehrstuhls für Feuerökologie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. In Maßen eingesetzt trage Feuer dazu bei, Wälder zu erhalten.

Waldbrände spielen nicht nur eine zerstörerische Rolle, sondern sind auch Erneuerer: Die folgende Pflanzengeneration wächst im wahrsten Sinne des Wortes wie der Phoenix aus der Asche. Deshalb lautet die Devise der Feuerökologie Feuer auf Rezept: Ein Vegetationstyp wird kontrolliert abgebrannt, um die Kultur zu verjüngen; beispielsweise bei der Heidepflege.

Von den Forschungsergebnissen der Feuerökologie profitieren weltweit Forst­leute und Feuerwehren. „Wir arbeiten an der Schnitt­stelle von Wissenschaft und Praxis“, sagt Goldammer über den Beruf, für den es keinen eigenen Studiengang gibt. „Doch ein akademischer Abschluss wie beispielsweise in Forstwissenschaft, Biologie oder Bodenkunde ist Voraussetzung für diese komplexe Tätigkeit.“

Sind solche Akademiker ökologisch interessiert, können sie sich in Feuer­management-Lehrgängen fortbilden und dann Coaching-Dienstleistungen anbieten. „Feuerökologen schulen Forstleute, wie sie mit waldbaulichen Maßnahmen den Wald resilienter gegen Waldbrände machen können“, erklärt Goldammer. „Auch erklären Feueröko­logen, wie sich mit kontrollierten Bränden verhindern lässt, dass sich Totholz immer höher stapelt“. Brennt es dann nämlich doch einmal, ist so viel Brennmaterial vorhanden, dass die Flammen nicht nur am Boden bleiben. Es entstehen dann die alles vernichtenden Baumkronenfeuer, die schnell gewaltige Dimen­sionen erreichen.

Feuerökologen beraten auch Feuerwehren bei der Schutzkleidung und bei der richtigen Taktik gegen Waldbrände, die im Rahmen kontrolliert gelegter Brände geübt wird.

Die Wissenschaftler beobachten zudem mithilfe von Wettersatelliten die weltweiten Naturfeuer und setzen Drohnen ein, um Brände zu lokalisieren und zu analysieren.

Bislang waren die Per­spektiven für Jobs in Naturschutz, Forst- und Landwirtschaft wenig aussichtsreich, so Goldammer. Aber das Interesse an der Feuer­ökologie und dem Berufsbild des Feuer-Managers wächst derzeit. Joseph Scheppach