Verkauf des Fernseh-Kabelnetzes so gut wie abgeschlossen

Eine Ära geht zu Ende: In wenigen Tagen will die Deutsche Telekom den Verkauf ihres Fernseh-Kabelnetzes endgültig unter Dach und Fach bringen.

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Von
  • Alexander Missal
  • dpa

Eine Ära geht zu Ende: In wenigen Tagen will die Deutsche Telekom den Verkauf ihres Fernseh-Kabelnetzes endgültig unter Dach und Fach bringen. Die teure Infrastruktur – ursprünglich mit Steuergeldern finanziert – soll an zwei ausländische Investoren abgegeben werden, die das Kabelnetz dann für Multimedia-Fernsehen und schnellen Internet-Zugang aufrüsten wollen. Die in Deutschland wenig bekannten amerikanischen Unternehmen Callahan Associates und Liberty Media haben vor allem eins gemeinsam: Ihre Zentrale liegt in Denver im US-Bundesstaat Colorado. Damit zieht der "Denver-Clan" sozusagen wieder in deutsche Wohnzimmer ein.

Hinter den beiden Unternehmen stehen die Kabel-Bosse Richard ("Dick") Callahan und John Malone. Callahan kaufte bereits das Kabelnetz in Nordrhein-Westfalen, das als eines der größten der Welt gilt, und will nun auch in Baden-Württemberg aktiv werden. Malone hat zusammen mit dem britischen Investor Gary Klesch, der wiederum für Hessen den Zuschlag erhielt, die übrigen Regionen im Visier. Malones Unternehmen Liberty Media gehört noch zum Telefon-Konzern AT&T und ist selbst an AOL Time Warner und dem Medien-Imperium von Rupert Murdoch beteiligt. In Europa wittern Callahan und Malone neue Geschäfte. Auf die Fernsehzuschauer kommen dadurch vermutlich bessere Angebote, aber auch höhere Preise zu.

Für "furchtbar niedrig" befand Dick Callahan die deutschen Kabelgebühren auf einer Veranstaltung im vergangenen Herbst. Der Kabel-Experte Ulrich Reimers von der TU Braunschweig rechnet damit, dass die Amerikaner ihre bisherigen Preismodelle auch in Deutschland einführen. Im Grundpreis wären dann nur die wichtigsten Programme enthalten. Wer mehr möchte, zahlt extra. "Das wird richtig teuer", glaubt Reimers. Der Professor für Nachrichtentechnik befürchtet auch, dass Callahan & Co. ihre eigenen Zulieferer für die Aufrüstung des Kabelnetzes mitbringen und die deutsche Wirtschaft leer ausgeht. "Das ist so, als ob ein ausländisches Unternehmen in Deutschland eine Autobahn ausbaut und dann noch die Verkehrsschilder importiert."

Künftig sollen zusätzliche Programme, elektronische TV-Führer und über einen Rückkanal auch interaktive Dienste und Video per Bestellung vom Sofa aus abgerufen werden können. Die Unternehmen stehen dabei unter Zeitdruck, ihre Milliarden-Investitionen in das Netz wieder hereinzuholen. Als ernst zu nehmende Konkurrenz gilt die Satellitenschüssel. Die Investment-Bank SalomonSmithBarney hält indes in einer Studie über Callahan Angebote fürs Telefonieren und Internet-Surfen über das breitbandige Kabelnetz wirtschaftlich für "deutlich attraktiver" als das Fernsehen. Was genau auf die Nutzer zukommen wird, ist noch unklar. Callahan will erstmals im Spätsommer 500.000 seiner Kunden in Nordrhein-Westfalen mit neuen Diensten versorgen.

Auf ihrem Weg in die Wohnzimmer haben die neuen Kabelnetz-Betreiber allerdings noch ein Hindernis vor sich: Der direkte Kontakt zum Kunden auf der so genannten Netzebene 4, die vom Gebäude-Verteiler bis in die Wohnung reicht, liegt meist in der Hand von Hausbaugesellschaften und mittelständischen Unternehmen. Experten rechnen damit, dass es auch in diesem Bereich zu Akquisitionen kommt. Die Deutsche Bank, die auch einmal für das Kabelnetz der Telekom mitgeboten hatte, will zum Beispiel ihre Kabel-Tochter Tele Columbus verkaufen. Eine Kaufoption hat der niederländische Kabel-Gigant UPC erhalten. Dessen Muttergesellschaft ist der Konzern UGC, an dem auch Liberty Media beteiligt ist. Sitz des Unternehmens: Denver, Colorado. (Alexander Missal, dpa) / ()