Telefonnummern-Domains: Alternativen zur offiziellen ENUM-Registry

Die einheitliche Registratur von Telefonnummern im Domain Name System, die Domain e164.arpa, bekommt Konkurrenz.

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Von
  • Monika Ermert

Die einheitliche Registratur von Telefonnummern im Domain Name System, die Domain e164.arpa, bekommt Konkurrenz. Unter e164.org, betrieben von einer australischen Gruppe, können Nutzer ihre Rufnummer ohne großen Aufwand schon jetzt eintragen lassen. Eine eigene Top Level Domain nach dem ENUM-Standard (tElephone NUmber Mapping) für Telefonnummern-Domains, das als einheitlicher Directory-Service das Auffinden und Adressieren von Personen erleichtern soll, hat Voice-over-IP-Pionier Jeff Pulver beantragt (siehe dazu das Interview mit Pulver in c't aktuell). Einzelne deutsche VoIP-Anbieter haben sich auch schon einmal mit entsprechend klingenden Domains rund um e164 versorgt: Denn mit zunehmender Beliebtheit von VoIP-Angeboten wächst auch die Nachfrage nach ENUM-Einträgen, die das Routing zwischen klassischen Telefon- und VoIP-Anschlüssen bewältigen sollen. Das offizielle, von der ITU beaufsichtigte ENUM-Projekt kommt aber viel zu langsam voran, meinen die Herausforderer: Wozu braucht man den behördlichen Overhead, fragen die Freaks, und basteln an eigenen zentralen Registries in der Hand vertrauenswürdiger Netzpioniere.

E164.arpa, die von ITU und IAB (Internet Architecture Board) ausgehandelte ENUM-Superregistry, ist ein Paradebeispiel für schlechtes Marketing, meint Duane Groth, einer der Initiatoren von e164.org. "Man hat keine öffentlichen Konsultationen gemacht und man hat es nicht geschafft, das breit zu implementieren, weil zu viele Datenschutzbedenken dagegen bestehen, die Daten der Leute zwangsweise in öffentlich zugängliche Datenbanken einzustellen." Die offiziellen ENUM-Versuche stecken in der Tat nach wie vor in Debatten über Rufnummern-Validierung und Vergabeverfahren für die Länderregistraturen (wie 9.4.e164arpa). Bei e164.org hat man sich für ein Rückruf-PIN-Verfahren zur Validierung entschieden. Nutzer, die sich anmelden, erhalten durch einen Rückruf auf die gemeldete Nummer ein PIN, die sie anschließend per Web eingeben. Dadurch soll der Nummernklau verhindert werden. Diese Art der Validierung war auch beim DENIC, verantwortlich für den offiziellen deutschen Test, bereits im Gespräch. Doch räumte DeNIC-Chefin Sabine Dolderer kürzlich ein, dass die Validierungsfrage nach wie vor ungelöst ist. Auch beim PIN-Verfahren ist nicht ganz auszuschließen, dass ein Anrufer sich eine Nummer gekapert hat.

Wer nicht so lange warten will, bis aus Versuchen Produkte werden, kann seinen Eintrag nun über e164.org vornehmen. Nutzer können darüber ihre ENUM-Datensätze verwalten und darin ihre Telefonnummern, E-Mail- oder Web- sowie Sip-Adressen aufführen. Wer seine Anrufe übers Netz tätigen will, muss allerdings vorerst sein System dafür aber selbst aufsetzen, sagt Groth. E164.org sei kein VoIP-Betreiber. Vielmehr helfe er Nutzern, ohne klassische Telefonprovider und ohne VoIP-Provider auszukommen. Dafür müssen sie allerdings selbst Hand anlegen und etwa eine Lösung wie die Asterisk-Box einsetzen, um Anrufe machen zu können. Asterisk stellt eine komplette PBX-Telefonanlage in Form von Open-Source-Software unter Linux dar. Im nächsten Schritt will man einen eigenen Asterisk-Server aufsetzen und Nutzern eine CD anbieten, die aus dem PC einen Call-Router für e164.org macht.

Was die ITU und nationale Regulierungsbehörden sagen, wenn zum Beispiel deutsche Rufnummern in solche Verzeichnisse eingetragen werden, bleibt abzuwarten. Abgesehen von einer großen ENUM-Anhörung hat sich die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation auch die Prüfung des deutschen VoIP-Anbieters Sipgate vorgenommen, der ortsunabhängig Rufnummern aus dem deutschen Netz für seinen Dienst vergibt. Sobald Sipgate nun Rufnummern aus zusätzlichen Ortsnetzen bekommt (auf dem Plan stehen unter anderem Berlin, München, Frankfurt, Stuttgart, Köln), will man die Dienste für Altkunden soweit sinnvoll umstellen. Der Regulierungsbehörde gefällt die Vergabe von Nummern aus dem Ortsnetz ohne Ortsbezug gar nicht recht. Der Eintrag deutscher Rufnummern in Australien oder bei Pulvers geplanter .tel-Domain dürfte da auch nicht auf große Gegenliebe stoßen.

Die offizielle ENUM-Gemeinde ist mit Blick auf die alternativen Nummerzonen auch nicht so recht glücklich und warnt unter anderem davor, dass das Aufkommen zu vieler Zonen beim Routen von Anrufen ein Problem werden kann. Dass es nur eine Root-Zone geben kann, bestreiten allerdings die Newcomer. Von einer .tel-Domain hält Groth allerdings nicht so viel: Der einzige Vorteil im Vergleich zu irgendeiner com-, net- order org-Domain sei der Wiedererkennungswert. Doch was .tel mache, könne auch mit jeder beliebigen anderen Domain gemacht werden -- wie e164.org. Während es bei e164.arpa also noch mit der Werbung hapert, sei .tel ein reiner Marketing-Gag.

Zu den Telefonnummern-Domains und zu ENUM siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)