Drachen töten und Burgen stürmen - Flipper-Meisterschaft in Nürnberg

Auf ihren Automaten stürmen sie Burgen, töten Drachen und retten das Burgfräulein: 128 Teilnehmer der Hauptrunde haben in Nürnberg um den Titel des Deutschen Flipper-Meisters gekämpft. Überall klackerte und fiepte, ratterte und blinkte es.

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Von
  • David Ganek
  • dpa

Wenn Thilo Tost vor dem Automaten steht, ist höchste Konzentration angesagt. Fitness und ein gutes Reaktionsvermögen hat er als Pilot ohnehin. "Außerdem braucht es ein wenig Wissen", sagt Tost. Wo ist der Jackpot versteckt? Wie spielt man mit mehreren Kugeln gleichzeitig? Jedes der 120 Geräte, die für die Deutsche Flipper-Meisterschaft in Nürnberg aus der ganzen Republik herangeschafft wurden, ist anders. Auf dem Markt gibt es tausende Modelle. Mit seiner Mannschaft aus Hannover ist Tost schon deutscher Ligameister. In Franken kämpfte er am Wochenende um den Solo-Titel.

Als er dreizehn Jahre alt war, stand Tost zum ersten Mal vor einem der bunten Automaten. Damals im fränkischen Hof gab es in einer Gaststätte ein Flippergerät. Tost konnte nicht umhin, sein Taschengeld hineinzuwerfen. Nach der Ausbildung, zwanzig Jahre später, habe er sich den Automaten dann geholt. Mittlerweile hat er rund dreißig Geräte in seinem Keller.

In Ausgabe 12/12 stellte c't einen virtuellen Flipper in echtem Gehäuse vor.

Jedes Jahr findet die Flipper-Meisterschaft in einer anderen deutschen Stadt statt. "Nürnberg und Süddeutschland überhaupt waren noch ein weißer Fleck", erklärt Helmut Meyer, der die Veranstaltung für die "German Pinball Association" organisiert. Der Verein hat mehr als 300 Mitglieder und ist der größte Flipperverein in Deutschland.

Etwa 10 000 Flipperenthusiasten gibt es laut dem Verein in Deutschland. In Internetforen sind sie vernetzt. Doch die Veranstaltung in Nürnberg soll mehr sein als bloßes Klassentreffen der Flipper-Szene. Der Verein will Flippern als Sport etablieren und die Gäste an der Sammel- und Spielleidenschaft teilhaben lassen. Jeder kann kommen und an den Geräten daddeln – mit dem Eintritt sind alle Spielgebühren abgegolten. Wer sich in der Vorrunde qualifiziert, kann um den Titel spielen.

Roland Köllisch trägt eines der roten Helfer-T-Shirts. Er bezeichnet sich eher als Freizeitspieler. Vereinsmitglied ist er nicht. Trotzdem stehen zwölf Flipper in seinem Keller. Vor sechs Jahren hat er sich seinen ersten Automaten gekauft. Wie die anderen Spieler schwärmt er vom Erhalten und Restaurieren der Geräte. "Ich hab als Kind immer gebastelt mit Elektronik und Technik – da versteht man wenigstens noch so ein bisschen, wie die Geräte funktionieren und arbeiten."

Köllisch und Tost stehen in der Spielhalle vor dem "Medieval Madness". "Den will jeder haben", sagen die beiden. "Auch Leute, die noch nicht so oft gespielt haben, gehen zuerst da ran", berichtet Köllisch. Tost erklärt den Automaten: "Zuerst das Burgtor öffnen, dann kann man in die Burg reinschießen und sie zerstören – Drachen töten, Burgfräulein retten." Für das Sammlerstück ist Tost aus Hannover nach Linz gereist: mit dem Flugzeug nach München, mit dem Mietwagen nach Linz und im Schneesturm zurück nach Hannover. "Ich hatte Werkzeug dabei, um die Sitze auszubauen, dass der Flipper in den Wagen passt. Die hätten mich fast nicht ins Flugzeug gelassen."

Die Mechanik der Geräte ist sensibel, vor allem, wenn – wie an diesem Wochenende – acht Stunden am Tag an ihnen gerüttelt wird. Gummis, Lager – vieles kann kaputt gehen. Köllisch sagt, deswegen seien die Geräte in Gaststätten auch ausgestorben: "Wenn was ist, muss der Techniker ran."

In Deutschland gebe es nur eine gute Hand voll Spezialisten, die die alten Geräte reparieren könnten. Aber im Internet "da lässt Hilfe in den Foren oft nur wenige Stunden auf sich warten". Tost sieht das ähnlich: "Spielfeld lackieren, Münzkasten zerlegen, jedes Teil einzeln reinigen. Wenn du das gemacht hast, hast du einen funkelniegelnagelneuen Flipper – Baujahr 78." Dann ist so ein Gerät auch mal mehre tausend Euro wert. Bis es aber so weit ist, stecken gut hundert Stunden Arbeit im Gerät. "Dann kommen die Kumpels und es wird geknattert. Wie früher in der Kneipe", sagt Tost.

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